Seit den 2000ern erfreuen sich Polymer-Kondensatoren wachsender Beliebtheit. Sie werden vor allem in elektronischen Geräten eingesetzt, bei denen es auf Leistung und Zuverlässigkeit ankommt. Zu den wichtigsten Einsatzgebieten zählen Computerplatinen, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt, Industrie- und Haushaltselektronik sowie Fahrzeugelektronik. Gerade in der Fahrzeugelektronik erleben Polymer-Hybrid-Kondensatoren einen regelrechten Boom. Kondensatoren nach AEC-Q200 werden in Motorsteuergeräten, Infotainmentsystemen und anderen kritischen Komponenten eingesetzt, die eine stabile Stromversorgung und eine hohe Zuverlässigkeit erfordern.
Polymertechnologie
Polymer-Kondensatoren gehören zu den Elektrolytkondensatoren. Der Begriff „Elektrolytkondensator“ leitet sich vom Einsatz einer elektrochemisch gebildeten Oxidschicht an der Oberfläche der Elektrode ab, die als Dielektrikum wirkt. Es gibt zahlreiche Metalle, die ein dünnes, hochisolierendes Oxid bilden, u. a. Aluminium (Al), Tantal (Ta), Niob (Nb), Titan (Ti), Zirkonium (Zr) und Hafnium (Hf). Derzeit werden jedoch nur drei Metalle – Aluminium, Tantal und Niob – tatsächlich in der Praxis eingesetzt.
Die auf der Elektrodenoberfläche entstehende Oxidschicht wirkt als elektrischer Isolator und kann nur dann als Dielektrikum fungieren, wenn die Elektrode, auf der sie sich bildet, als Anode dient. Daher sind Elektrolytkondensatoren im Prinzip gepolte Kondensatoren.
Bei Polymer-Kondensatoren wird zwischen zwei Haupttypen unterschieden – Aluminium-Elektrolyt- und Tantal-Kondensatoren – auf die im Folgenden näher eingegangen wird. Leitfähige Polymere werden auch in Aluminiumkondensatoren verwendet und ersetzen hier den Nasselektrolyt. Diese Kondensatoren weisen einen deutlich geringeren äquivalenten Serienwiderstand (ESR) auf und trocken nicht mit der Zeit aus. Polymer-Kondensatoren werden vor allem in Gleichspannungswandlern/Entkopplern und in Stromverteilern im Automobilbereich eingesetzt.
Aluminium-Elektrolytkondensatoren
Aluminium-Elektrolytkondensatoren sind gepolte Kondensatoren, bei denen Anode und Kathode aus Aluminium bestehen. Sie haben entweder einen Nasselektrolyten, ein festes leitfähiges Polymer oder einen Hybridelektrolyten (Nass- und Festelektrolyt aus leitfähigem Polymer). Wenn diese Kondensatoren gepolt sind, sollten sie bei Anliegen einer Sperrvorspannung nicht verwendet werden.
Bei Aluminium-Elektrolytkondensatoren bestehen beide Elektroden aus Aluminium. Die Aluminium-Anode wird vom Nasselektrolyt durch eine Oxidschicht getrennt, die aus sehr dünnem, im Nasselektrolyt getränktem Papier besteht. Verschiedene Arten von Elektrolyten begünstigen die Oxidation, ermöglichen höhere Temperaturbereiche und nehmen Gase auf, die sich im Inneren bilden können. Außerdem gibt es noch eine andere Aluminiumplatte, die als Kathode dient. Die geforderte Robustheit der Aluminiumfolie an der Anode richtet sich danach, ob der Kondensator für höhere Spannungen ausgelegt ist.
Ein Polymer-Kondensator ist verblüffend ähnlich aufgebaut. Er besteht aus einer Anode und einer Kathode, jeweils aus Aluminiumfolie. Das Dielektrikum ist eine Schicht aus Aluminiumoxid (Al₂O₃), die als Isolierung zwischen Anode und leitfähigem Polymer dient. Das leitfähige Polymer besteht aus zwei Schichten, die durch eine Isolierschicht (Papier, Folie oder andere nicht leitfähige Materialien) voneinander getrennt sind. Schließlich erfolgt ein Trocknungs- und Alterungsprozess, der bis zu acht Stunden dauern kann.
In Hybrid-Aluminium-Polymer-Kondensatoren werden die Eigenschaften von herkömmlichen Aluminium-Elektrolytkondensatoren und Polymer-Kondensatoren zusammengeführt und damit die Vorteile beider Typen vereint. Das Dielektrikum ist ein Gemisch aus flüssigem Elektrolyt und leitfähigen Polymeren. Der flüssige Elektrolyt trägt zur Leistungssteigerung bei niedrigen Frequenzen bei und verbessert die allgemeine Leitfähigkeit.
Stabile Leistung und längere Lebensdauer durch Selbstheilungsprozess
Elektrische bzw. thermische Überlastung oder mechanische Beanspruchung können in der Aluminiumoxidschicht zu kleinen Defekten wie Einstichen, Haarrissen oder dielektrischem Durchschlag führen. Dies schafft Wege für Leckströme, welche die Leistung des Kondensators beeinträchtigen können. Erhöhter Leckstrom aufgrund eines Defekts führt zur Erwärmung des umgebenden Bereichs. Die Schicht aus leitfähigem Polymer reagiert auf diese Wärmeentwicklung. Aufgrund der Wärme kann das Polymer im betroffenen Bereich vorübergehend seine Leitfähigkeit einbüßen, sodass der Defekt wirksam isoliert wird. Darüber hinaus fördern die höheren Temperaturen die Regeneration der dielektrischen Aluminiumschicht an der defekten Stelle. Dies kann durch Oxidation des freiliegenden Aluminiums an der schadhaften Stelle erfolgen. Das Aluminium reagiert mit Sauerstoff (häufig aus dem Polymer oder der Umgebung) und bildet neues Aluminium. Durch die kombinierte Wirkung aus der Reaktion des Polymers und der Regeneration der Oxidschicht wird der Defekt behoben und das Dielektrikum wiederhergestellt. Nach Abdichtung der schadhaften Stelle verringert sich der Leckstrom und der Kondensator kann wieder im Normalbetrieb verwendet werden. Bei Hybrid-Kondensatoren sorgt der flüssige Elektrolyt für eine schnellere Wiederherstellung der Oxidschicht und verbessert dadurch den Selbstheilungsprozess. Beide Kondensatortypen können aufgrund dieses Selbstheilungsmechanismus ihre Leistung länger aufrechterhalten und steigern so die Lebensdauer.
Die wesentlichen Treiber für die verschiedenen Aluminium-Polymer-Kondensatoren sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Tabelle 1: Wesentliche Treiber verschiedener Aluminium-Polymer-Kondensatoren
| Wesentliche Treiber | Aluminium-Nasselektrolytkondensatoren | Aluminium-Polymer-Kondensatoren | Hybrid-Kondensatoren |
| Lebensdauer | Senkung der Temperatur um 10 °C verdoppelt die Lebensdauer | Senkung der Temperatur um 20 °C verzehnfacht die Lebensdauer | wird genauso berechnet wie für den Nasselektrolytkondensator |
| Spannung verringern | Eine Verringerung der Spannung ist nicht erforderlich, kann aber die Lebensdauer verlängern; Nasselektrolytkondensatoren sind bei 70 %–80 % der Nennspannung betriebsfähig, Hybrid- und Festelektrolyt-Kondensatoren sind bei 80 %–90 % der Nennspannung betriebsfähig | ||
| Nennspannung | Nennspannung bis 450 V; bei Hochvolt-Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren sind sogar Nennspannungen von 600 V und darüber hinaus möglich | Versionen mit Nennspannungen von 63 V – 100 V verfügbar; Trend geht hin zu höheren Nennspannungen
| Versionen mit einer Nennspannung bis 125 V lieferbar |
| DC BIAS | keine Beeinflussung durch DC BIAS | ||
| ESR | typischer ESR bei 20 mΩ; Trend geht zur Verringerung des ESR | sehr niedriger ESR von lediglich 5 mΩ | zwischen nass und fest, ESR nass und fest bei ca. 11 mΩ |
| Ripple-Strom | nicht die beste Fähigkeit; Elektrolytkondensatoren sind empfindlich gegenüber sehr hohen Ripple-Strömen. | sehr gute Ripple-Fähigkeit dank geringem ESR | gute Fähigkeit |
| Schwingungen | gute Leistung bei Schwingungen | Aluminium-Elektrolytkondensatoren mit festem Polymer sind steifer und neigen weniger zum Absorbieren der Schwingungen, sodass sie unempfindlicher gegenüber mechanischer Beschädigung in Umgebungen mit vielen Schwingungen sind. Einige Hersteller bieten verstärkte, schwingungsfeste Baureihen an. | |
| Temperatur | Maximaltemperatur bis zu 105 °C, Versionen mit Maximaltemperatur bis zu 125 °C lieferbar
| Maximaltemperatur bis zu 125 °C | Tendenz geht zur Steigerung der Temperatur auf 150 °C, um die Lebensdauer zu verlängern |
| Stabilität der Kapazität gegenüber Temperatur und Frequenz | unzureichende Hochfrequenzeigenschaften; deutlicher Kapazitätsabfall bei 20 kHz; empfindlich gegenüber Temperaturänderungen | bessere Hochfrequenzleistung; stabile Kapazität in verschiedenen Frequenzen; deutlicher Kapazitätsabfall bei 1 MHz; gutes Temperaturverhalten | |
| Leckstrom | Aluminium-Elektrolytkondensatoren weisen im Vergleich zu anderen Technologien wie MLCC und Kunststoff-Kondensatoren einen höheren Leckstrom auf. Der Leckstrom eines Elektrolytkondensators wird normalerweise vom Hersteller angegeben und kann mit der folgenden empirischen Formel berechnet werden:
Genaue Informationen zum Leckstrom lassen sich den Datenblättern des Herstellers entnehmen, die genauen Formeln und Konstanten können aber von Hersteller zu Hersteller schwanken | ||
Tantal-Elektrolytkondensatoren
Tantal-Kondensatoren sind gepolte Kondensatoren, die einen festen Elektrolyten verwenden, beispielsweise Mangandioxid (MnO₂) oder leitfähiges Polymer. Beim Anlegen von Sperrspannungen an diesen Kondensatortyp ist jedoch Vorsicht geboten. Zu den bemerkenswertesten Eigenschaften von Tantal gehören eine hohe Duktilität, hohe Korrosionsbeständigkeit, eine hohe Schmelztemperatur (3020 °C), eine hohe Wärme- und Verschleißfestigkeit sowie eine hohe Biokompatibilität. Tantal-Kondensatoren können je nach Anwendungskriterien in bestimmten Einsatzbereichen MLCC (keramische Vielschichtkondensatoren) ersetzen.
Tantal-Festkondensatoren
In Tantal (Ta)-Festkondensatoren besteht die Kathode aufgrund der Selbstheilungseigenschaften aus Mangandioxid. Bei einem Defekt im Dielektrikum verliert dieses seine Leitfähigkeit. Das Tantal ist durch eine Oxidschicht, das sogenannte Tantalpentoxid (Ta₂O₅), vom Mangandioxid getrennt. Wenn diese Schicht reduziert wird, oxidiert das Mangandioxid im Tantal und bildet eine neue Oxidschicht. Daher sind diese Kondensatoren außergewöhnlich zuverlässig und weisen eine nahezu unbegrenzte Lebensdauer auf.
Im Zuge der Selbstheilung kann potenziell Sauerstoff freigesetzt werden, der im Extremfall einen Brand herbeiführen kann. Dennoch eignen sich Tantal-Kondensatoren bestens für den Einsatz bei höheren Temperaturen.
In diesen Kondensatoren verhält sich die Größe der leitfähigen Oberfläche proportional, die Dicke des Dielektrikums dagegen umgekehrt proportional zur Kapazität. Tantal-Kondensatoren sind zwar sehr dünn, aber dennoch außergewöhnlich robust (dielektrischer Durchschlag: 470 V/mm) und können daher auch bei relativ hohen Spannungen eingesetzt werden.
Tabelle 2: Vergleich der Dicke des Dielektrikums bei Tantal (Ta)- und MLCC-Kondensatoren
VR | Dicke des Dielektrikums (nm) | |
Ta | MLCC | |
2 | 20.7 | 600 |
4 | 27.6 | 600 |
6 | 36.8 | 600 |
In Tabelle 2 ist die Dicke des Dielektrikums bei Tantal- und MLCC-Kondensatoren im Vergleich dargestellt. MLCC benötigen aufgrund ihres dickeren Dielektrikums für hohe Kapazitäten eine größere Oberfläche und müssen größer sein.
Leitfähiges Festpolymer bei Tantal-Kondensatoren
Seit Mitte der 90er-Jahre wird das MnO₂ in Tantal-Kondensatoren durch leitfähige Polymere ersetzt. Der Grund dafür ist die höhere Leitfähigkeit dieser Polymere, die zu einem deutlich geringerem äquivalenten Serienwiderstand (ESR) führt. Mit dem Wechsel von MnO₂ zu leitfähigem Polymer sind einige bemerkenswerte Vorteile verbunden, darunter auch der Selbstheilungsmechanismus.
Tritt im laufenden Betrieb ein dielektrischer Durchschlag auf (und führt zu Kurzschluss bzw. Leckstrom), verursacht die hohe Stromdichte an der fehlerhaften Stelle eine lokale Erwärmung. Durch die Wärmeentwicklung oxidiert das Polymer, verliert seine Leitfähigkeit und dichtet die schadhafte Stelle wirksam ab. Mit der Oxidation wird die Isolierfähigkeit wiederhergestellt, sodass weitere Störungen vermieden werden und der Kondensator weiterhin funktionsfähig ist. Vor allem aber gelten diese Kondensatoren als sicherer, weil ihr Selbstheilungsprozess keinen Sauerstoff freisetzt und damit, wie in Abbildung 2 dargestellt, die Brandgefahr deutlich geringer ist. Haupteinsatzbereich sind Gleichspannungswandler. Die wesentlichen Treiber für die verschiedenen Tantal-Kondensatoren sind in Tabelle 3 aufgeführt.
Tabelle 3: Wesentliche Treiber unterschiedlicher Tantal-Kondensatoren
| Wesentliche Treiber | Tantal-MnO2 | Tantal-Polymer |
| Spannung verringern | erfordert eine Verringerung der Spannung um ca. 50 % | 10 % der anliegenden Spannung >10 V 20 % der anliegenden Spannung <10 V |
| Frequenzverhalten | unzureichende Leistung bei hohen Frequenzen; deutlicher Kapazitätsabfall bei 10 kHz. | gute Eigenschaften bei hohen Frequenzen, vor allem im Bereich von 100 kHz; bei Frequenzen im Bereich von 1 MHz sind MLCC die bessere Wahl |
| Verschleiß/Lebensdauer | unbegrenzte Lebensdauer ohne Alterungserscheinungen | Verschleiß des Kathodenmaterials durch Feuchtigkeit und Oxidation. Daher zeigen die Bauteile über die Lebensdauer gesehen einen allmählichen Leistungsabfall. Die einzige Möglichkeit, diesen zu verhindern, ist eine hermetische Ummantelung |
| Kapazität relativ zu Volumen und Energiedichte | Erhöhung der Kapazität im Verhältnis zu Volumen und Energiedichte; höhere Kapazität bei geringerem Volumen und bei höheren Spannungen als andere Technologien | |
ERS, Ripple-Strom und Leckstrom
| Das Polymer weist einen deutlich geringeren ESR auf als MnO₂, sodass höhere Ripple-Ströme bewältigt werden können. Sowohl bei Tantal-Polymer als auch bei MnO₂ sind die Leckströme höher als bei anderen Technologien. Wenn ein geringer Leckstrom entscheidend für die maximale Leistungsausbeute einer Batterie ist, dann sind Tantal-Kondensatoren ungeeignet | |
| Robustheit und Piezo-Geräusch | brechen nicht beim Biegen, nahezu kein Piezo-Geräusch | |
Schwächen des Tantal-Polymers
Tantal-Polymer-Kondensatoren bieten im Vergleich zu herkömmlichen Elektrolytkondensatoren einige Vorteile, sodass sie für die verschiedensten Anwendungsbereiche geeignet sind. Sie weisen jedoch auch einige Nachteile auf und sind nicht in allen Einsatzszenarien verwendbar.
Bei Frequenzen im Bereich von 1 MHz und darüber, Temperaturen über 150 °C sowie überall dort, wo die Lebensdauer der Batterie von einem geringen Leckstrom abhängt, wird von der Verwendung von Polymer-Kondensatoren abgeraten.
Darüber hinaus sind Polymer-Kondensatoren ungeeignet für Spannungen über 48 V DC sowie für Anwendungen, die einen sehr geringen ESR (<< 4 mΩ), eine geringe Kapazität (< 0,68 µF) oder Sperrvorspannung erfordern.
Schlussfolgerung
Polymer-Kondensatoren bieten einen geringen ESR, hohe Stabilität und Zuverlässigkeit, bewältigen hohe Ripple-Ströme, erhöhen die Sicherheit, kommen sehr gut mit geringen Spannungen zurecht und zeigen ein besseres Frequenzverhalten. Polymer-Kondensatoren verbessern Leistung, Zuverlässigkeit und Lebensdauer elektronischer Schaltkreise und erfreuen sich daher in der modernen Elektronik großer Beliebtheit.
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