WiFi 6 und WiFi 6E: die neuesten WiFi-Standards - Fit für die aktuellen und künftigen Anforderungen

11.08.2023 Know-How

Der neueste WiFi-Standard IEEE 802.11ax, kurz WiFi 6, und seine Erweiterung WiFi 6E versprechen hohe Datenübertragungsgeschwindigkeiten, eine höhere Kapazität und niedrige Latenzzeiten auch in Umgebungen mit vielen Netzwerkteilnehmern. Diese Vorteile eröffnen zahlreiche neue Anwendungsmöglichkeiten und Einsatzgebiete, aber es entstehen auch neue Anforderungen. Daher ist ein detaillierter Blick auf die Eigenschaften insbesondere der Hardware für passende Lösungen sinnvoll.

Der viel zitierte Kühlschrank, der selbst Nahrungsmittel bestellt, hat sich nicht durchgesetzt, wohl aber viele andere Smart-Home-Geräte, etwa Waschmaschinen, die ihre Besitzer per Smartphone informieren, dass die Wäsche fertig ist. Möglich macht das WiFi, eine der verbreitetsten und bekanntesten Funktechnologien. Immer mehr Geräte bieten eine WiFi-Schnittstelle, nicht nur im Smart-Home-Bereich. Auch im industriellen Umfeld hält WiFi verstärkt Einzug durch Applikationen wie mobile Roboter, Kransysteme, fahrerlose Transportsysteme oder auch Sicherheitssysteme und die Vernetzung von Sensoren in Fertigungsstraßen. Auch Virtual-Reality- und Gaming-Anwendungen sowie Wallboxen nutzen diese Funktechnologie.

Die neuen Anwendungsgebiete stellen auch neue Anforderungen an die Technik, und trotz steigender Anzahl an Teilnehmern im WiFi-Netzwerk erwarten Nutzer eine stabile Netzwerkverbindung. Deshalb entwickelt die WiFi Alliance die Standards stets weiter. Seit sie 1997 das erste IEEE 802.11 Protokoll herausgebracht hat, hat sich mit jedem neuen WiFi-Standard der Datendurchsatz deutlich verbessert.

Dieses Mal hat die WiFi Alliance allerdings nicht nur die Technik, sondern auch die Namensgebung optimiert: Anstelle des sperrigen IEEE 802.11ax treten WiFi 6 bzw. WiFi 6E (E = Enhanced/Extended). Auch die Vorgängerstandards haben rückwirkend neue Bezeichnungen bekommen: IEEE 802.11ac heißt jetzt WiFi 5 und IEEE 802.11n ist WiFi 4.

Technisch bieten WiFi 6 und WiFi 6E eine ganze Reihe an Verbesserungen:

  • OFDMA (Orthogonal Frequency Division Multiple Access): OFDMA ist eine Erweiterung des OFDM-Verfahrens, das bei der WiFi-5-Technologie zum Einsatz kommt. Während bei OFDM innerhalb eines Zeitfensters immer nur ein Datenpaket an ein einzelnes Endgerät übermittelt werden kann, ist es bei OFDMA möglich, mehrere Daten für verschiedene Endgeräte im gleichen Datenpaket zu transportieren. Damit erhöht sich die Datenrateneffizienz, gleichzeitig verringert sich die Latenzzeit im Netzwerk deutlich.
  • 1024 QAM (Quadraturamplitudenmodulation): Im Vergleich zu WiFi 5, bei dem das Modulationsverfahren 256 QAM genutzt wird, sorgt 1024 QAM bei WiFi 6 für einen um 25 % höheren Datendurchsatz. Denn bei 1024 QAM können insgesamt zehn Bit übertragen werden, bei 256 QAM sind es nur acht Bit. Das ist besonders in Umgebungen mit einer hohen Dichte an WLAN-Endgeräten vorteilhaft, beispielsweise in Bahnhöfen oder bei Großveranstaltungen.
  • MU-MIMO (Multiuser – Multiple Input, Multiple Output): Durch die Aufteilung der Bandbreite in separate Kanäle (sogenannte „Spatial Streams“) ist eine Kommunikation über mehrere Antennen zwischen einem Access Point und mehreren Geräten gleichzeitig möglich, sowohl bei Downlink als auch bei Uplink. Bei WiFi 5 funktionierte das nur bei Downlink. Dadurch verringert WiFi 6 die Netzwerklatenz weiter und sorgt für eine höhere Ausfallsicherheit.
  • TWT (Target Wake Time): TWT „weckt“ Netzwerkteilnehmer nur zu bestimmten Zeitpunkten zur Übertragung von Daten. Die restliche Zeit „schlafen“ die Geräte und benötigen dadurch weniger Energie. Das befreit zudem die Kommunikation im Netzwerk von Störungen, da „schlafende“ Teilnehmer nicht funken und die Kommunikationskanäle nicht blockieren – ein entscheidender Pluspunkt vor allem in der industriellen Automation mit vielen Sensorapplikationen.
  • BSS (Basic Service Set) Coloring: Jedem BSS, bestehend aus einem Access Point und den Clients, wird eine „Farbe“ (d. h. eine Zahl) zugeordnet, sobald ein anderes BSS in der Nähe ist. So lassen sich Signale aus einem anderen Netzwerk erkennen und ignorieren. Dadurch können die Kanäle effizienter genutzt und eine bessere Übertragungsqualität erreicht werden.
  • Sicherheitsstandard WPA3 (Wi-Fi Protected Access 3): Im Vergleich zum Vorgänger-Standard WPA2 bringt WPA3 erhebliche Verbesserungen bei der Authentifizierung und Verschlüsselung sowie bei der Konfiguration von WLAN-Geräten. Zudem bietet er mehr Sicherheit an öffentlichen Hotspots. Bei WiFi-6-zertifizierten Produkten ist der WPA3-Standard Pflicht.

WiFi 6E bietet noch mehr Vorteile

Über diese Vorteile hinaus bietet WiFi 6E noch mehr: die Erweiterung um das 6-GHz-Frequenzband.

Auch WiFi 6E basiert auf dem WiFi-Standard IEEE 802.11ax, unterstützt also wie WiFi 6 alle genannten Technologien. WiFi 6 kann jedoch nur die mittlerweile stark überlasteten Originalfrequenzbänder 2,4 GHz und 5 GHz nutzen. Im Gegensatz dazu steht bei WiFi 6E auch das 6-GHz-Frequenzspektrum zur Verfügung. Weitere 80-MHz- und bis zu sieben zusätzliche 160-MHz-Kanäle zur Datenübertragung ermöglichen einen noch höheren Datendurchsatz mit breiteren Kanälen. Die Frequenzen 2,4 GHz und 5 GHz, auf denen Geräte mit älteren WiFi-Standards funken, werden entlastet, was wiederum zu einer geringeren Latenzzeit führt. Damit ist WiFi 6E eine ideale Lösung für Gaming-, Streaming- und Virtual-Reality-Anwendungen.

Allerdings ist das 6-GHz-Frequenzband noch nicht in allen Ländern zur WiFi-Nutzung freigegeben. 2020 machten die USA 2020 den Anfang, Bild 1 zeigt, welche inzwischen folgten.

Umstieg erfordert neue Hardware

Wer jetzt überlegt, auf WiFi 6 bzw. WiFi 6E umzusteigen, sollte bedenken, dass sich Geräte mit älteren WiFi-Standards nicht einfach durch ein Software-Update auf WiFi 6 / 6E upgraden lassen. Das bedeutet, dass alle Router und Geräte, die den neuesten Standard nutzen sollen, mit neuer Hardware ausgestattet werden müssen. WiFi 6 / 6E Geräte sind hingegen rückwärtskompatibel zu den älteren WiFi-Standards.

Rutronik führt sowohl für WiFi 6 als auch für WiFi 6E bereits Lösungen von verschiedenen Herstellern im Portfolio:

Kombi-Karten für WiFi 6 und Bluetooth bietet Intel mit den Modellen AX200 und AX201 im Formfaktor M.2 2230 und M.2 1216. Mit den beiden M.2-Karten AX210 und AX211 von Intel sind auch schon WiFi-6E-Karten verfügbar. Alle Intel-Steckkarten sind in unterschiedlichen Varianten sowohl mit vPRO als auch ohne erhältlich. Die AX210 gibt es zudem für den industriellen Temperaturbereich. Auch Entwicklungskits sind erhältlich.

Auch von Silex gibt es eine WiFi-6- und Bluetooth-5.2-BR/EDR/LE-Karte. Die SX-PCEAX basiert auf dem Qualcomm QCA2066 SoC und ist in verschiedenen Formfaktoren (SMT, half size PCIe, M.2) erhältlich. Das Modul ist auch für das 6-GHz-Frequenzband für WiFi 6E zertifiziert.

Mehrere WiFi-6-Steckkartenlösungen hat Advantech im Programm: Die AIW-163 ist eine M.2 2230 Karte mit A-E Key (der Key beschreibt die Anschlussform der M.2 Steckerleiste) und einem Temperaturbereich von 0 °C bis 70 °C. Die AIW-165 im Formfaktor M.2 2830 hat einen E Key und einen Temperaturbereich von -40 °C bis +85 °C. Für Ende 2022 hat Advantech zwei weitere M.2 2230 E-Key-Karten angekündigt. Auch von Advantech sind Kits erhältlich.

Der Modulhersteller Murata setzt bei seinen WiFi-6- und -6E-Lösungen auf Chipsets von Infineon/Cypress und NXP. Das Type 1XL ist ein NXP-basiertes WiFi 6 und BLE 5.2 2x2 MIMO Modul mit einem kleinen Formfaktor von 19,1 x 16,5 mm. Ab Anfang 2023 werden noch weitere Module auf den Markt kommen: Das Type 2EA setzt auf dem Cypress CYW55573 auf und wird WiFi 6E unterstützen. Das Type 2DL/2DR und das 2EL/2ER basieren auf verschiedenen NXP-Chips. Die 2Ex-Lösungen unterstützen neben Bluetooth und WiFi 6 auch Thread. Bei den 2xR-Modulen ist eine extra Antenne für Bluetooth integriert.

Auch Panasonic wird 2023 erste WiFi-6-Module auf den Markt bringen.

Komplette Router mit dem neuen WiFi-6 / 6E-Standard sind bei Rutronik von Asus verfügbar, und auch Silex plant, WiFi 6E zu seinen Wireless Bridges, Device Servern und drahtlosen Präsentationssystemen hinzuzufügen.

Etablierter Standard

Lösungen sind also bereits vorhanden und zahlreiche Gerätehersteller nutzen diese schon. Nach Informationen der WiFi Alliance werden von den insgesamt 29 Milliarden WiFi-Geräten, die 2022 ausgeliefert werden, 2,3 Milliarden mit WiFi 6 und 350 Millionen mit WiFi 6E ausgestattet sein. Dank ihrer Vorzüge wird sich der Anteil der neuen Standards sicher noch deutlich vergrößern.

Während sich WiFi 6 / 6E im Markt etabliert, arbeitet die WiFi Alliance schon am nächsten Standard: WiFi 7 bzw. IEEE 802.11be. Nutzer dürfen sich auch hier auf drei Frequenzbänder (2,4, 5 und 6 GHz) und auf eine noch höhere Datenübertragungsgeschwindigkeit freuen. Die WiFi Alliance wird diesen Standard aber erst Mitte 2024 finalisieren. Bis Hardware mit WiFi 7 auf dem Markt verfügbar ist, wird es also noch eine ganze Zeit lang dauern.

 


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WiFi 6 und WiFi 6E – die neuesten WiFi-Standards Fit für die aktuellen und künftigen Anforderungen

Länder, in denen WiFi 6E unterstützt wird. (Stand: April 2022)

WiFi ist ein Markt mit Milliarden an Geräten und einem wirtschaftlichen Wert, der aktuell auf 3,3 Billionen US-Dollar geschätzt wird.