THB-Grades bei Folienkondensatoren – Robust und langlebig

25.01.2023 Know-How

Die Anforderungen an Kondensatoren werden immer härter. Bei Folienkondensatoren geht es vor allem um den Schutz vor eindringender Feuchtigkeit. Denn das bringt ein signifikantes Plus an Zuverlässigkeit und Lebensdauer mit sich.

Schon bei der Produktion besteht die Gefahr, dass Luftfeuchtigkeit im Kondensator eingeschlossen wird. Hohe Luftfeuchtigkeit während des Betriebs kann die aufgedampfte Metallisierung der Folienkondensatoren angreifen. Sind der Kunststoffbecher oder die Vergussmasse nicht ausreichend dicht, ist es auch möglich, dass Feuchtigkeit in den Kondensator eindringt.

Im Falle von RFI-Kondensatoren bewirkt Feuchtigkeit neben der Korrosion der Metallisierung zudem bei angelegter Spannung den sogenannten Corona-Effekt. Dabei wird durch einen Ionisationsprozess die Metallisierung der Folie beschädigt. Die Folgen sind Kapazitätsverlust und ein schnellerer Anstieg des Verlustfaktors.

Bei DC-Kondensatoren führt Feuchtigkeit im Bauteil ebenfalls zur Korrosion der Metallisierung, was sich vor allem negativ auf dessen Zuverlässigkeit und Lebensdauer auswirkt. Daher ist es zwingend notwendig, das Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern, um die Performance der Bauteile nicht zu beeinträchtigen.

Neben empirischen Untersuchungen zeigen auch zahlreiche Analysen, dass das Eindringen unerwünschter Luftfeuchtigkeit bei Folienkondensatoren Ursache Nummer Eins ist für eine verkürzte Lebensdauer.

Was ist THB?

Ein anerkannter Standard für beschleunigte Lebensdauertests ist der Temperatur-Feuchtigkeits-Bias-Test (Temperature-Humidity-Biased, THB). Dieser Zuverlässigkeitstest zielt darauf ab, den Alterungsprozess der Kondensatoren zu beschleunigen und zu messen, ob die Kondensatoren bei einer bestimmten Temperatur, relativen Luftfeuchtigkeit (relative humidity, R.H.) und Nennspannung über eine definierte Zeit hinweg ihre Kapazität, ihren Verlustfaktor sowie Isolationswiderstand beibehalten (s. Tabelle 1).

Je nach Teststufe (s. Tabelle 2) erfüllen die Kondensatoren unterschiedliche klimatische Anforderungen. Zum Beispiel bei einem Test nach Grade IIIB, High Robustness under High Humidity, müssen die Kondensatoren bei angelegter Nennspannung 85°C und 85% relativer Luftfeuchtigkeit über 1.000 Stunden Betriebsdauer hinweg unbeschadet überstehen.

Bei Kondensatoren, die diese Tests überstehen, bleiben die wichtigsten elektrischen Parameter über die gesamte Lebensdauer hinweg deutlich stabiler als bei einem Standard-Bauteil. Dadurch bieten die THB-Bauteile eine längere Lebensdauer und eine höhere Zuverlässigkeit.


Wie in Tabelle 2 dargestellt, zählen die THB Grade IIB und IIIB zu den härtesten Testbedingungen Sie unterscheiden sich lediglich dadurch, wie lange die Spannung angelegt ist.

Woher kommt der Trend zu THB-Bauteilen?

Die Nachfrage nach THB-Bauteilen steigt. Ein Grund dafür ist der seit 2016 gültige IEC-Standard für RFI-Kondensatoren. Er schreibt vor, dass die Kondensatoren mindestens THB Grade I erfüllen müssen.

Ein starker Treiber des Trends zu THB-Typen ist das Automotive-Segment, aber auch in der Industrie kommen immer häufiger THB-Typen zum Einsatz. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand, wenn man bedenkt, unter welchen klimatischen Bedingungen z. B. Solarwechselrichter möglichst lange und zuverlässig arbeiten müssen.

Da ein Anbieter, beispielsweise von Invertern, den Einsatzort seiner Produkte oft nicht kennt, ist es sinnvoll, den Inverter – und damit auch die Kondensatoren – auf die Worst-Case-Bedingungen auszulegen. So verrichten sie auch unter härtesten Einsatzbedingungen zuverlässig ihren Dienst.

Wie unterscheiden sich THB-Typen von Standard-Bauteilen?

Die gesteigerte Lebensdauer und Zuverlässigkeit von THB-Kondensatoren erzielen die Hersteller durch einen speziellen Aufbau. Dabei sind fünf Faktoren entscheidend:

  • Gehäuse: PPT-Gehäuse oder PPS-Gehäuse mit erhöhter Dichtheit
  • Vergussmasse: Epoxidharz (Epoxy) mit hohem Grad und damit hoher Resistenz gegenüber Feuchtigkeit
  • Kunststofffolie: dickere, d. h. höherschichtige Folie für eine bessere Selbstheilung
  • Metallisierung: eine Mischung verschiedener Metalle für eine bessere Selbstheilung
  • Produktion: niedrige Luftfeuchtigkeit in der Produktion gewährleisten

Einige Hersteller setzen zusätzlich auch noch auf interne Serienschaltungen der Folien, um die Ionisationsspannung auf der Folie weiter zu reduzieren.

Wo kommen THB-Kondensatoren zum Einsatz?

Die THB-Kondensatoren sind prädestiniert für Applikationen, die hohen Temperaturen – oder noch wichtiger großen Temperaturschwankungen – und/oder einer hohen Luftfeuchtigkeit ausgesetzt sind. Hier ist ihr Einsatz besonders empfehlenswert. Dazu zählen v. a. aufgrund der hohen Temperaturbelastungen praktisch alle Automotive-Applikationen für das Fahrzeug selbst, aber auch Applikationen für die Infrastruktur, z. B. für Ladesäulen oder Wallboxen. Im Industriebereich sind es vor allem Wechselrichter, Solarinverter, Frequenzumrichter, Smart Meter und Windkraftanlagen. Außerdem lohnen sich THB-Modelle für alle Applikationen, die hohe Anforderungen an die Lebensdauer und Zuverlässigkeit eines Folienkondensators stellen.

Fazit

Die vergleichsweise neue Art der Folienkondensatoren verfügt über eine erhöhte Zuverlässigkeit und Lebensdauer. Dank dieser verbesserten Eigenschaften ergeben sich neue und nachhaltige Einsatzmöglichkeiten in zukunftsweisenden Anwendungen wie etwa im Bereich der Elektromobilität oder erneuerbaren Energien.


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The F340 series from Vishay with THB Grade IIIB RFI capacitors. Image: Vishay

Kemet's R53 series combines THB Grade IIIB with small size and the highest capacity on the market. Image: Kemet

The DC-Link C4AK series from Kemet meets THB Grade IIIB and offers high voltage and long service life even at 125 °C. Image: Kemet

Requirements (acceptance criteria) regarding THB to IEC 60384-14 AMD1:2016 (source: Kemet). Source: Kemet

THB levels to IEC 60384-14 AMD1:2016. Source: Vishay