Bei BEV (Battery Electric Vehicle) ist ein geringer Energieverbrauch (kWh / km) gefragt. Wird dieser berechnet, fließt häufig nicht nur die von der Batterie abgehende Energie in die Rechnung ein, sondern auch die von der AC-Wallbox benötigte, um die Batterie zu laden. Ladeverluste im OBC wirken sich deshalb direkt auf diese Angabe aus. Für einen geringen Energieverbrauch des BEV ist damit ein möglichst effizientes Ladegerät an Bord sehr wichtig.
Das Blockschaltbild (Bild 1) zeigt ein bidirektionales 3-phasiges Bordladegerät. Solche bidirektionalen Ladegeräte ermöglichen nicht nur das Laden der Batterie, sondern auch den umgekehrten Energiefluss aus der Fahrzeugbatterie ins Stromnetz. Damit können BEV dazu beitragen, das Stromnetz zu Spitzenlastzeiten zu puffern. Eine andere Option ist die Nutzung des Fahrzeugs als Stromaggregat im Inselbetrieb, wie es z. B. die Firma Sono Motors für den Sion verfolgt.
Hier soll von einem OBC mit vier Hauptblöcken ausgegangen werden:
Block 1: Filter und PFC
Block 1 enthält den Filter zur Unterdrückung von leitungsgebundenen elektromagnetischen Störungen (EMI-Filter). Der OBC muss hinsichtlich der Netzrückwirkungen die Norm IEC 61851-21-1 (Electric vehicle on-board charger EMC requirements for conductive connection to AC/DC supply) einhalten.
Zusammen mit den Transistoren des Netzwechselrichters sind die Induktivitäten gleichzeitig Teil der Power Factor Correction (PFC).
Baureihenvorschläge für Entstör-Kondensatoren (Y, X) mit Qualifikation nach DIN IEC 60384-14 und AEC-Q200
EMI-Capacitors | ||
Hersteller | Baureihe | Eigenschaften/Beschreibung |
Panasonic | ECQUA | Film, Klasse X2 |
Vishay | AY1 | Ceramic Disc, Klasse X1, Y1 |
Vishay | AY2 | Ceramic Disc, Klasse X1, Y2 |
Kemet | R53 | Film, Klasse X2 |
Block 2: Netzinverter
Block 2 besteht aus dem Netzinverter. Je nach Energieflussrichtung arbeitet er als Gleichrichter oder Inverter. Durch Pulsweitenmodulation (PWM) der Eingangstransistoren sorgt er im Zusammenspiel mit den Induktivitäten in den Phasenleitungen gleichzeitig für einen großen Power Factor (PFC).
Grundsätzlich geht der Trend in Richtung höherer Schaltfrequenzen (Trägerfrequenz der PWM). Je höher die Schaltfrequenz, desto
+ kleiner können die passiven Bauelemente ausgeführt werden,
+ leiser ist das Fahrzeug (wer einmal an einem Streetscooter im „Leerlauf“ oder einem aktiven High-Power-Charger der ersten Generationen vorbeigelaufen ist, weiß, was gemeint ist)
+ größer wird die Leistungsdichte des Gesamtsystems,
+ größer werden leider auch die Schaltverluste.
Hohe Schaltfrequenzen werden von Halbleitern mit großem Bandabstand (Wide Bandgap Semiconductors) ermöglicht, also Dioden und MOSFETs aus Silizium-Karbid (SiC) oder Gallium-Nitrid (GaN). Automotive-qualifizierte MOSFETs auf SiC-Basis führen z. B. Rohm und Infineon
Sie sind mit immer kleinerem RDSon und kleinerem Verhältnis von Gate-Drain-Kapazität zu Gate-Source-Kapazität erhältlich. Kleine RDSon wirken den Leitungsverlusten entgegen, während kleine parasitäre Kapazitäten im MOSFET den Schaltverlusten und dem Schaltverhalten zugutekommen. Der mögliche Verzicht auf negative Gatespannungen vereinfacht den Schaltungsentwurf rund um den Gate-Treiber und schont das Budget.
Rohm unterstützt seine neueste Generation an SiC-MOSFET mit einem Evaluationboard für Halb-Brücken (z. B. P04SCT4018KE-EVK-001), das man flexibel für unterschiedliche Gate-Spannungen konfigurieren kann.
Power MOSFETs | ||
Hersteller | Baureihe | Eigenschaften/Beschreibung |
ROHM | SCT3xxx, SCT4 | SiC Power MOSFET, 650 V, 1200 V, 1700 V |
Bosch | BT1Mxxxx | SiC Power MOSFET, 750 V, 1200 V |
Infineon | CoolMOS™ CPA, CFDA | Si Power MOSFET, 600 V, 650 V |
Infineon | CoolSiC™ MOSFET | SiC Power MOSFET, 1200 V |
SiC-MOSFETs benötigen passende Gate-Treiber mit galvanischer Trennung zwischen Schalt- und Ansteuerpotenzial. Sie sorgen für die nötigen Gatespannungen und Gateströme, um den MOSFET zuverlässig ein- oder auszuschalten. Manche Modelle verfügen auch über Zusatzfunktionen, z. B. eine Überwachung auf Überstrom oder Entsättigung (DESAT) mit Feedback der Diagnose an die Ansteuerelektronik.
Isolated Gate Drivers | |
Hersteller | Baureihe |
ROHM | BM61S/MxxRFV |
Infineon | EiceDriver™ |
Der Netzinverter speist den netzseitigen Gleichspannungszwischenkreis (DC-LINK). Auch auf der Batterieseite gibt es einen Gleichspannungszwischenkreis, nämlich den des Traktionsinverters. Die Spannungen in beiden Zwischenkreisen werden mit Kondensatoren geglättet und gepuffert. Durch diese DC-LINK-Kondensatoren fließen die Wechselströme (Ripple-Current), die vom Netzinverter und vom DC/DC-Wandler verursacht werden. Wichtige Selektionskriterien für eine geringe Verlustleistung und Wärmeentwicklung sind deshalb ein geringer ESR (Equivalent Series Resistance) im Bereich der Schaltfrequenz und eine geringe Eigeninduktivität (Equivalent Series Inductance, ESL). Diese Eigenschaften erfüllen Filmkondensatoren. Alternativ stehen neue Keramikkondensatoren mit speziellem Dielektrikum von TDK Epcos zur Wahl (CeraLink®). Im Gegensatz zu herkömmlichen Keramikkondensatoren verringert sich ihre Kapazität nicht durch eine hohe Ladung mit Gleichspannung (DC-Bias), sondern vergrößert sich bis zur Nennspannung.
DC-LINK Power Film Capacitors |
| |
Hersteller | Baureihe | Eigenschaften/Beschreibung |
WIMA | DC-LINK MKP4 | Film, THT |
Vishay | MKP1848 DC-Link | Film, THT |
Vishay | MKT1820 | Film, THT |
TDK | CeraLink® | Ceramic, THT, SMD, high temperature, low ESL |
Block 3: DC/DC-Wandler
Block 3 ist der DC/DC-Wandler mit CLLC-Topologie. Er besteht aus einer H-Brücke, einem wechselspannungsgekoppelten Übertrager und einem Synchrongleichrichter (H-Brücke) auf der Seite der Batterie.
Der DC/DC-Wandler passt die Spannungspegel von netzseitigem Gleichspannungszwischenkreis und Batterie an und überträgt dabei die Energie von der Primär- auf die Sekundärseite (Laden) oder vice versa (Generator- / Inselbetrieb oder Netzeinspeisung). Der Übertrager trennt außerdem das Bordnetz galvanisch vom öffentlichen Stromnetz. Zusammen mit den Kondensatoren der Serienresonanzkreise beeinflusst der Übertrager maßgeblich den Wirkungsgrad und die Verlustleistung des Wandlers, da über beide Bauteile die gesamte übertragene Leistung fließt. Ein wichtiges Auswahlkriterium für die Resonanzkondensatoren ist deshalb ihr Verlustfaktor tan ẟ. Je kleiner dieser ist, desto weniger Verlustleistung erzeugt der Kondensator und desto besser ist der Wirkungsgrad. Zusammen mit der für die Resonanzfrequenz benötigten Kapazität führen diese Bedingungen meist zur Wahl von Filmkondensatoren.
Baureihenvorschläge Resonanzkondensatoren für CLLC-Kreis
LLC Resonant Capacitors | |
Hersteller | Baureihe |
Wima | MKP10, FKP1 |
Vishay | MKP385 |
TDK Epcos | B32641B ... B32643B |
Wie der Resonanzkondensator ist der Übertrager ebenfalls ein Hochleistungsbauteil. Für einen hohen Wirkungsgrad darf auch er möglichst wenig Wärme erzeugen, d. h. eine geringe Verlustleistung aufweisen. Sie setzt sich zusammen aus Kern- und Kupferverlusten. Zu Ersteren tragen die Wirbelstromverluste und die Ummagnetisierungsverluste bei. Die Kupferverluste werden gemäß P=I²R durch den ohmschen Widerstand der Wicklung bestimmt. Wegen des Skin-Effektes ist der Widerstand frequenzabhängig und wächst mit zunehmender Frequenz.
Das Kernmaterial des Übertragers sollte sich auszeichnen durch eine hohe Sättigungsfeldstärke und geringe Remanenz mit zugleich hoher Permeabilität. Je höher die Permeabilität des Kernmaterials ist, desto weniger Windungen benötigt eine Spule, um eine vorgegebene Induktivität zu erreichen. Für weniger Windungen reichen kürzere Spulendrähte, die einen kleineren Widerstand besitzen. Eine hohe Sättigungsfeldstärke erlaubt es, das Kernmaterial hoch auszusteuern. So kann pro Periode eine große Energieportion übertragen werden. Ein hoher elektrischer Widerstand des Kerns wirkt Wirbelstromverlusten entgegen. Seine Konstruktion sorgt idealerweise für definierte Streuinduktivitäten auf der Primär- und Sekundärseite. Die Streuinduktivität bildet zusammen mit dem Resonanzkondensator den Resonanzkreis. Alternativ kann auch ein streuarmer Kern eingesetzt werden. Dann werden jedoch separate Resonanzinduktivitäten benötigt.
Eine möglichst dichte Bewicklung, ein rechteckiger Leiterquerschnitt oder ein Band ergeben eine kurze Leiterlänge und einen hohen Füllgrad des Spulenkörpers.
Für die maschinelle Printmontage ist ein Übertrager mit kompakter Bauform vorteilhaft. Rutronik unterstützt seine Kunden bei der Auswahl des Übertragers, der ideal zum individuellen Design passt. Manchmal ist eine kundenspezifische Ausführung nötig. Für derartige Leistungsübertrager stehen die Hersteller TDK, Vishay und Pulse als Entwicklungspartner zur Verfügung.
Block 4: Steuer- und Regelelektronik
Block 4 stellt die Steuer- und Regelelektronik dar. Ein Mikrocontroller generiert anhand von Messwerten die Steuersignale für die Leistungshalbleiter im Inverter, im DC/DC-Wandler und im Synchrongleichrichter. Je nach Forderungen an die funktionale Sicherheit eignen sich Derivate aus Infineons Baureihe Traveo™ T2G (bis ASIL B) oder aus der Baureihe AURIX™ A2G (bis ASIL D).
Baureihenvorschläge für Mikrocontroller für die Steuer- und Regelelektronik
Microcontroller | ||
Hersteller | Baureihe | Eigenschaften/Beschreibung |
Infineon | Traveo™ T2G | 32-Bit microcontroller with core(s) from ARM® |
Infineon | AURIX™ A2G | 32-Bit microcontroller with Infineon Tricore(s) |
Auf dem Weg von der Hochspannungsseite zur Steuerseite mit ungefährlicher Niederspannung müssen die Signale galvanisch entkoppelt werden. Bauteile zur galvanischen Trennung von Signalen sind z. B. Optokoppler von Vishay oder Toshiba. Vishays VOA300 ist ein Optokoppler zur Übertragung von analogen Signalen und die Automotive-Variante des bekannten IL300. Er beinhaltet eine Sende-LED und ein Paar gematchte Empfangs-LEDs. Wird eine der Empfangs-LEDs in einen Gegenkopplungskreis auf der Steuerseite einbezogen, bekommt man eine gute Linearität der Stromübertragungskennlinie zwischen Sende-LED und der zweiten Empfangs-LED.
Signal Isolators | ||
Hersteller | Typ | Eigenschaften/Beschreibung |
Vishay | VOMA617A | Optocoupler with phototransistor output, AEC-Q |
Vishay | VOA300 | Linear optocoupler, AEC-Q version of IL300 |
Toshiba | TLX9xxx | Transistor or IC output, AEC-Q |
HV-Steckverbinder
Erwähnt seien hier die HV-Steckverbinder von Amphenol. Damit ist man kompatibel zur Vehicle Interface Box von Webasto, die von zahlreichen OEM und Umrüstern genutzt wird.
Steckverbinder, High Power | |||
Hersteller | Baureihe | Typ | Eigenschaften |
Amphenol | Excel|Mate | HVSL xxx | High Voltage, Safety Lock, LV-215 |
Evaluation Board
Wie schon für das Design eines bidirektionalen HV-Schalters für 800 V / 50 A arbeitet Rutronik AUTOMOTIVE zusammen mit Partnern an einem Referenzdesign für einen OBC. Das Design des HV-Schalters verbindet die Funktionen einer klassischen Sicherung mit denen eines Switches. Hochmoderne 1.200 V SiC-MOSFETs sorgen für geringe Leitungsverluste und eine niedrige Verlustleistung, sodass eine passive Kühlung ausreicht. Bis das neue Referenzdesign von Rutronik für den OBC abgeschlossen ist, veranschaulicht Infineons REF-DAB11KIZSICSYS die Lösung eines 11 kW bidirektionalen DC/DC-Konverters in CLLC Topologie mit 1.200 V und 1.700 V CoolSiC™ MOSFETs.
Fazit
Die langfristige Entwicklung des OBC ist spannend: Migriert er dank moderner Bauteile mit hoher Leistungsdichte als eine Art Steckernetzteil in das Ladekabel? Wird er durch die Entwicklung und Verbreitung der Ladeinfrastruktur zukünftig nur eine Ausstattungsoption sein? Denn während der Fahrt ist er nutzloser Ballast. Er konkurriert mit DC-Ladestationen, die ihn umgehen und mit der Batteriewechsel-Technologie. Doch solange er gebraucht wird, sollte er so effizient wie möglich sein.
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