Bauteile für On-Board Charger – Was für das effiziente Laden von Elektrofahrzeugen nötig ist

25.10.2023 Know-How

Er fährt bei jedem vollelektrischen Fahrzeug mit und ist häufig zeitbestimmend für die Ladedauer an der AC-Wallbox: der On-Board Charger (OBC). Damit er kompakt, leicht, effizient und leise wird, bedarf es hochleistungsfähiger Bauelemente.

Bei BEV (Battery Electric Vehicle) ist ein geringer Energieverbrauch (kWh / km) gefragt. Wird dieser berechnet, fließt häufig nicht nur die von der Batterie abgehende Energie in die Rechnung ein, sondern auch die von der AC-Wallbox benötigte, um die Batterie zu laden. Ladeverluste im OBC wirken sich deshalb direkt auf diese Angabe aus. Für einen geringen Energieverbrauch des BEV ist damit ein möglichst effizientes Ladegerät an Bord sehr wichtig.

Das Blockschaltbild (Bild 1) zeigt ein bidirektionales 3-phasiges Bordladegerät. Solche bidirektionalen Ladegeräte ermöglichen nicht nur das Laden der Batterie, sondern auch den umgekehrten Energiefluss aus der Fahrzeugbatterie ins Stromnetz. Damit können BEV dazu beitragen, das Stromnetz zu Spitzenlastzeiten zu puffern. Eine andere Option ist die Nutzung des Fahrzeugs als Stromaggregat im Inselbetrieb, wie es z. B. die Firma Sono Motors für den Sion verfolgt.

Hier soll von einem OBC mit vier Hauptblöcken ausgegangen werden:

Block 1: Filter und PFC 

Block 1 enthält den Filter zur Unterdrückung von leitungsgebundenen elektromagnetischen Störungen (EMI-Filter). Der OBC muss hinsichtlich der Netzrückwirkungen die Norm IEC 61851-21-1 (Electric vehicle on-board charger EMC requirements for conductive connection to AC/DC supply) einhalten.

Zusammen mit den Transistoren des Netzwechselrichters sind die Induktivitäten gleichzeitig Teil der Power Factor Correction (PFC).

Baureihenvorschläge für Entstör-Kondensatoren (Y, X) mit Qualifikation nach DIN IEC 60384-14 und AEC-Q200

 

EMI-Capacitors

   

Hersteller

Baureihe

Eigenschaften/Beschreibung

Panasonic

ECQUA

Film, Klasse X2

Vishay

AY1

Ceramic Disc, Klasse X1, Y1

Vishay

AY2

Ceramic Disc, Klasse X1, Y2

Kemet

R53

Film, Klasse X2

Block 2: Netzinverter

 

Block 2 besteht aus dem Netzinverter. Je nach Energieflussrichtung arbeitet er als Gleichrichter oder Inverter. Durch Pulsweitenmodulation (PWM) der Eingangstransistoren sorgt er im Zusammenspiel mit den Induktivitäten in den Phasenleitungen gleichzeitig für einen großen Power Factor (PFC).

Grundsätzlich geht der Trend in Richtung höherer Schaltfrequenzen (Trägerfrequenz der PWM). Je höher die Schaltfrequenz, desto

+ kleiner können die passiven Bauelemente ausgeführt werden,

+ leiser ist das Fahrzeug (wer einmal an einem Streetscooter im „Leerlauf“ oder einem aktiven High-Power-Charger der ersten Generationen vorbeigelaufen ist, weiß, was gemeint ist)

+ größer wird die Leistungsdichte des Gesamtsystems,

+ größer werden leider auch die Schaltverluste.

Hohe Schaltfrequenzen werden von Halbleitern mit großem Bandabstand (Wide Bandgap Semiconductors) ermöglicht, also Dioden und MOSFETs aus Silizium-Karbid (SiC) oder Gallium-Nitrid (GaN). Automotive-qualifizierte MOSFETs auf SiC-Basis führen z. B. Rohm und Infineon

Sie sind mit immer kleinerem RDSon und kleinerem Verhältnis von Gate-Drain-Kapazität zu Gate-Source-Kapazität erhältlich. Kleine RDSon wirken den Leitungsverlusten entgegen, während kleine parasitäre Kapazitäten im MOSFET den Schaltverlusten und dem Schaltverhalten zugutekommen. Der mögliche Verzicht auf negative Gatespannungen vereinfacht den Schaltungsentwurf rund um den Gate-Treiber und schont das Budget.

Rohm unterstützt seine neueste Generation an SiC-MOSFET mit einem Evaluationboard für Halb-Brücken (z. B. P04SCT4018KE-EVK-001), das man flexibel für unterschiedliche Gate-Spannungen konfigurieren kann.

Power MOSFETs

   

Hersteller

Baureihe

Eigenschaften/Beschreibung

ROHM

SCT3xxx, SCT4

SiC Power MOSFET, 650 V, 1200 V, 1700 V

Bosch

BT1Mxxxx

SiC Power MOSFET, 750 V, 1200 V

Infineon

CoolMOS CPA, CFDA

Si Power MOSFET, 600 V, 650 V

Infineon

CoolSiCMOSFET

SiC Power MOSFET, 1200 V

SiC-MOSFETs benötigen passende Gate-Treiber mit galvanischer Trennung zwischen Schalt- und Ansteuerpotenzial. Sie sorgen für die nötigen Gatespannungen und Gateströme, um den MOSFET zuverlässig ein- oder auszuschalten. Manche Modelle verfügen auch über Zusatzfunktionen, z. B. eine Überwachung auf Überstrom oder Entsättigung (DESAT) mit Feedback der Diagnose an die Ansteuerelektronik.

Isolated Gate Drivers

 

Hersteller

Baureihe

ROHM

BM61S/MxxRFV

Infineon

EiceDriver

Der Netzinverter speist den netzseitigen Gleichspannungszwischenkreis (DC-LINK). Auch auf der Batterieseite gibt es einen Gleichspannungszwischenkreis, nämlich den des Traktionsinverters. Die Spannungen in beiden Zwischenkreisen werden mit Kondensatoren geglättet und gepuffert. Durch diese DC-LINK-Kondensatoren fließen die Wechselströme (Ripple-Current), die vom Netzinverter und vom DC/DC-Wandler verursacht werden. Wichtige Selektionskriterien für eine geringe Verlustleistung und Wärmeentwicklung sind deshalb ein geringer ESR (Equivalent Series Resistance) im Bereich der Schaltfrequenz und eine geringe Eigeninduktivität (Equivalent Series Inductance, ESL). Diese Eigenschaften erfüllen Filmkondensatoren. Alternativ stehen neue Keramikkondensatoren mit speziellem Dielektrikum von TDK Epcos zur Wahl (CeraLink®). Im Gegensatz zu herkömmlichen Keramikkondensatoren verringert sich ihre Kapazität nicht durch eine hohe Ladung mit Gleichspannung (DC-Bias), sondern vergrößert sich bis zur Nennspannung.

DC-LINK Power Film Capacitors

 

 

Hersteller

Baureihe

Eigenschaften/Beschreibung

WIMA

DC-LINK MKP4

Film, THT

Vishay

MKP1848 DC-Link

Film, THT

Vishay

MKT1820

Film, THT

TDK

CeraLink®

Ceramic, THT, SMD, high temperature, low ESL

Block 3: DC/DC-Wandler

Block 3 ist der DC/DC-Wandler mit CLLC-Topologie. Er besteht aus einer H-Brücke, einem wechselspannungsgekoppelten Übertrager und einem Synchrongleichrichter (H-Brücke) auf der Seite der Batterie.

Der DC/DC-Wandler passt die Spannungspegel von netzseitigem Gleichspannungszwischenkreis und Batterie an und überträgt dabei die Energie von der Primär- auf die Sekundärseite (Laden) oder vice versa (Generator- / Inselbetrieb oder Netzeinspeisung). Der Übertrager trennt außerdem das Bordnetz galvanisch vom öffentlichen Stromnetz. Zusammen mit den Kondensatoren der Serienresonanzkreise beeinflusst der Übertrager maßgeblich den Wirkungsgrad und die Verlustleistung des Wandlers, da über beide Bauteile die gesamte übertragene Leistung fließt. Ein wichtiges Auswahlkriterium für die Resonanzkondensatoren ist deshalb ihr Verlustfaktor tan ẟ. Je kleiner dieser ist, desto weniger Verlustleistung erzeugt der Kondensator und desto besser ist der Wirkungsgrad. Zusammen mit der für die Resonanzfrequenz benötigten Kapazität führen diese Bedingungen meist zur Wahl von Filmkondensatoren.

Baureihenvorschläge Resonanzkondensatoren für CLLC-Kreis

LLC Resonant Capacitors

 

Hersteller

Baureihe

Wima

MKP10, FKP1

Vishay

MKP385

TDK Epcos

B32641B ... B32643B

Wie der Resonanzkondensator ist der Übertrager ebenfalls ein Hochleistungsbauteil. Für einen hohen Wirkungsgrad darf auch er möglichst wenig Wärme erzeugen, d. h. eine geringe Verlustleistung aufweisen. Sie setzt sich zusammen aus Kern- und Kupferverlusten. Zu Ersteren tragen die Wirbelstromverluste und die Ummagnetisierungsverluste bei. Die Kupferverluste werden gemäß P=I²R durch den ohmschen Widerstand der Wicklung bestimmt. Wegen des Skin-Effektes ist der Widerstand frequenzabhängig und wächst mit zunehmender Frequenz.

Das Kernmaterial des Übertragers sollte sich auszeichnen durch eine hohe Sättigungsfeldstärke und geringe Remanenz mit zugleich hoher Permeabilität. Je höher die Permeabilität des Kernmaterials ist, desto weniger Windungen benötigt eine Spule, um eine vorgegebene Induktivität zu erreichen. Für weniger Windungen reichen kürzere Spulendrähte, die einen kleineren Widerstand besitzen. Eine hohe Sättigungsfeldstärke erlaubt es, das Kernmaterial hoch auszusteuern. So kann pro Periode eine große Energieportion übertragen werden. Ein hoher elektrischer Widerstand des Kerns wirkt Wirbelstromverlusten entgegen. Seine Konstruktion sorgt idealerweise für definierte Streuinduktivitäten auf der Primär- und Sekundärseite. Die Streuinduktivität bildet zusammen mit dem Resonanzkondensator den Resonanzkreis. Alternativ kann auch ein streuarmer Kern eingesetzt werden. Dann werden jedoch separate Resonanzinduktivitäten benötigt.

Eine möglichst dichte Bewicklung, ein rechteckiger Leiterquerschnitt oder ein Band ergeben eine kurze Leiterlänge und einen hohen Füllgrad des Spulenkörpers.

Für die maschinelle Printmontage ist ein Übertrager mit kompakter Bauform vorteilhaft. Rutronik unterstützt seine Kunden bei der Auswahl des Übertragers, der ideal zum individuellen Design passt. Manchmal ist eine kundenspezifische Ausführung nötig. Für derartige Leistungsübertrager stehen die Hersteller TDK, Vishay und Pulse als Entwicklungspartner zur Verfügung.

Block 4: Steuer- und Regelelektronik

Block 4 stellt die Steuer- und Regelelektronik dar. Ein Mikrocontroller generiert anhand von Messwerten die Steuersignale für die Leistungshalbleiter im Inverter, im DC/DC-Wandler und im Synchrongleichrichter. Je nach Forderungen an die funktionale Sicherheit eignen sich Derivate aus Infineons Baureihe Traveo T2G (bis ASIL B) oder aus der Baureihe AURIX A2G (bis ASIL D).

Baureihenvorschläge für Mikrocontroller für die Steuer- und Regelelektronik

Microcontroller

   

Hersteller

Baureihe

Eigenschaften/Beschreibung

Infineon

Traveo T2G

32-Bit microcontroller with core(s) from ARM®

Infineon

AURIX A2G

32-Bit microcontroller with Infineon Tricore(s)

Auf dem Weg von der Hochspannungsseite zur Steuerseite mit ungefährlicher Niederspannung müssen die Signale galvanisch entkoppelt werden. Bauteile zur galvanischen Trennung von Signalen sind z. B. Optokoppler von Vishay oder Toshiba. Vishays VOA300 ist ein Optokoppler zur Übertragung von analogen Signalen und die Automotive-Variante des bekannten IL300. Er beinhaltet eine Sende-LED und ein Paar gematchte Empfangs-LEDs. Wird eine der Empfangs-LEDs in einen Gegenkopplungskreis auf der Steuerseite einbezogen, bekommt man eine gute Linearität der Stromübertragungskennlinie zwischen Sende-LED und der zweiten Empfangs-LED.

Signal Isolators

   

Hersteller

Typ

Eigenschaften/Beschreibung

Vishay

VOMA617A

Optocoupler with phototransistor output, AEC-Q

Vishay

VOA300

Linear optocoupler, AEC-Q version of IL300

Toshiba

TLX9xxx

Transistor or IC output, AEC-Q

HV-Steckverbinder

Erwähnt seien hier die HV-Steckverbinder von Amphenol. Damit ist man kompatibel zur Vehicle Interface Box von Webasto, die von zahlreichen OEM und Umrüstern genutzt wird.

Steckverbinder, High Power

     

Hersteller

Baureihe

Typ

Eigenschaften

Amphenol

Excel|Mate

HVSL xxx

High Voltage, Safety Lock, LV-215

Evaluation Board

Wie schon für das Design eines bidirektionalen HV-Schalters für 800 V / 50 A arbeitet Rutronik AUTOMOTIVE zusammen mit Partnern an einem Referenzdesign für einen OBC. Das Design des HV-Schalters verbindet die Funktionen einer klassischen Sicherung mit denen eines Switches. Hochmoderne 1.200 V SiC-MOSFETs sorgen für geringe Leitungsverluste und eine niedrige Verlustleistung, sodass eine passive Kühlung ausreicht. Bis das neue Referenzdesign von Rutronik für den OBC abgeschlossen ist, veranschaulicht Infineons REF-DAB11KIZSICSYS die Lösung eines 11 kW bidirektionalen DC/DC-Konverters in CLLC Topologie mit 1.200 V und 1.700 V CoolSiC MOSFETs.

Fazit

Die langfristige Entwicklung des OBC ist spannend: Migriert er dank moderner Bauteile mit hoher Leistungsdichte als eine Art Steckernetzteil in das Ladekabel? Wird er durch die Entwicklung und Verbreitung der Ladeinfrastruktur zukünftig nur eine Ausstattungsoption sein? Denn während der Fahrt ist er nutzloser Ballast. Er konkurriert mit DC-Ladestationen, die ihn umgehen und mit der Batteriewechsel-Technologie. Doch solange er gebraucht wird, sollte er so effizient wie möglich sein. 


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[Translate to German:] Simplified block diagram of a bidirectional charger