Zusätzliche Effekte bei höherer Bordspannung
Die 48 V bedeuten nicht nur 4 mal 12 V, sondern einen Einstieg in die Hybridwelt und einen großen Schritt in die Elektromobilität und das autonome Fahren. Für 48 V Bordnetzsysteme spielen die Luft- und Kriechstrecken eine bedeutende Rolle. Die Luftstrecke ist die kürzeste Entfernung zwischen zwei elektrischen Leitern. Ab Betriebsspannungen von rund 20 V muss man bei Kurzschluss, Leitungsbruch oder Schalten unter Last mit dem Auftreten gefährlicher Lichtbogen rechnen. Lichtbogen werden sehr heiß, wodurch von ihnen eine immense Brandgefahr ausgeht. Um diese Gefahr in den Griff zu bekommen, werden spezielle Relais und Kontaktsysteme verwendet, die sich durch besondere Stoß- und Temperaturfestigkeit auszeichnen.
Eine technisch aufwendigere aber sinnvolle Lösung Lichtbogen zu unterbinden, ist die frühzeitige Erkennung durch das Messen und Auswerten von Strom- und Spannungsbildern mit Hilfe einer intelligenten Sensorik.
Auftritt von Lichtbogen und die Gefahren dabei
Zusätzlich zu den Spannungen über 20 V gibt es eine weitere Bedingung für das konstante Brennen von Lichtbogen. Je nach Strom und Spannung muss eine Mindestleistung von ca. 100 W erreicht werden, damit ein Lichtbogen stabil brennt. Damit sind Stromkreise im Bordnetz mit 48 V stark lichtbogengefährdet, denn dorthin werden die Verbraucher verlagert, die einen besonders hohen Leistungsbedarf besitzen, wie z. B. der elektrische Turbolader, die elektrisch unterstützte Lenkung oder die Wankstabilisierung. Geeignete Schutzkonzepte sind deshalb unumgänglich. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Lichtbogen:
Die einfachste Art, der Lichtbogen parallel zur Last, entsteht durch einen Kurzschluss des stromführenden Leiters nach Masse, z. B. durch schadhafte Isolation. Der Kurzschluss- oder Lichtbogenstrom ist, sofern der Fehlerstrompfad genügend niederohmig ist, sehr hoch und addiert sich zum Laststrom. Dadurch löst die Schmelzsicherung aus, trennt den Stromkreis und löscht den Lichtbogen. Die Sicherung muss natürlich in der Lage sein, den in ihr selbst auftretenden Lichtbogen zu löschen.
Die zweite Art, der Lichtbogen in Reihenschaltung zu den Verbrauchern, ist deutlich schwerer zu detektieren. Er entsteht beim Unterbrechen des Stromkreises unter Last. Beispiele hierfür sind das Öffnen von Relaiskontakten oder das Stecken und Lösen von Steckern während der Strom fließt. Ein Leitungsbruch, ein Wackelkontakt oder eine schadhafte Masseverbindung fallen ebenfalls in diese Kategorie und können einen Lichtbogen nach sich ziehen.
Die Reihenschaltung von Lichtbogenstrecke und Last hat in der Regel zur Folge, dass der zusätzliche Spannungsabfall am Lichtbogen den Laststrom verringert. Dadurch werden serielle Lichtbogen durch die klassische Schmelzsicherung nicht erkennbar. Die Abschaltschwelle der Sicherung wird nicht überschritten.
In einem klassischen Bordnetz ist die Schmelzsicherung das typische Schutzorgan, um die Gefahr eines Kabelbrands durch Überhitzung, Überströme und Kurzschluss zu bannen. Diese wird in Zukunft sinnvollerweise durch eine elektronische Lösung ersetzt werden, damit alle auftretenden Lichtbogen zuverlässig und frühzeitig erkannt und gelöscht werden können.
Elektronische Sicherungen bieten weitere Möglichkeiten
Zusätzlich zur Lichtbogenthematik bieten elektronische Sicherungen aus Halbleiterschaltern weitere Vorteile. Anders als Schmelzsicherungen sind elektronische Sicherungen rücksetzbar und dadurch mehrfach verwendbar. Nach dem Auslösen kann die elektronische Sicherung über den Fahrzeugbus ohne Einsatz von Werkzeugen diagnostiziert und zurückgesetzt werden.
Die Sicherungskennlinie eines Sicherungskanales ist bei der elektronischen Sicherung in weiten Grenzen frei gestaltbar. So können für sehr hohe Ströme reine Überstromabschaltschwellen definiert werden, während für mittlere und kleinere Ströme die I²t-Kennlinie als Abschaltgrenze verwendet werden mag. Damit kann die Sicherungskennlinie
flexibel an die Stromtragfähigkeit der angeschlossenen Leitung und dem dynamischen Verhalten der Last angepasst werden. Bei Schmelzsicherungen muss man dagegen Hardwarevarianten mit unterschiedlicher Belastbarkeit und Auslösecharakteristik (Trägheit) vorrätig halten.
Eine elektronische Sicherung vereinigt Sicherungs- mit Schaltfunktion, was ein weiterer Vorteil ist. Die Schmelzsicherung kann nur ausschalten während die elektronische Sicherung busgesteuert sowohl aus- als auch einschalten kann. Damit lässt sich eventuell ein Leistungsschalter einsparen, der in einem Konzept mit Schmelzsicherung zusätzlich benötigt würde.
Der nächste Aspekt ist ein sicherheitsrelevanter. Eine elektronische Sicherung mit Busanbindung kann auch gezielt und kontrolliert Last abwerfen. Damit kann das Bordnetzmanagement aktiv auf die Verteilung der elektrischen Energie einwirken z. B. um die verfügbare Leistung auf einen sicherheitsrelevanten Stromkreis zu konzentrieren.
Sicherungsersatz mit der iFuse von Bosch
Bei unserem Partner, der Firma Bosch, ist ein hochintegriertes ASIC, genannt iFuse, für 12 V, 24 V und 48 V Anwendungen in der Entwicklung. Zusammen mit einem Mikrocontroller und N-Kanal Power MOSFETs lässt sich mit der iFuse eine Halbleitersicherung mit 4 Kanälen aufbauen. Dafür integriert die iFuse Funktionen eines System Basis Companion Chips wie Spannungsversorgung, Watchdog und Versorgungsspannungsüberwachung für den Mikrocontroller. Hinzu kommen die Gate-Treiber für die als Schalter verwendeten N-Kanal MOSFETs.. Genial: Die Strommessung kommt ohne externe Sensoren wie Shuntwiderstände aus.
Die Grundfunktion "Abschalten bei Überstrom" arbeitet auch autonom, ohne Zutun des Mikrocontrollers. Über die SPI-Schnittstelle des µC wird der Baustein konfiguriert, die Ausgänge und der Watchdog werden angesteuert und die Status- und Diagnosedaten können zurückgelesen werden.
Spannungserzeugung
Die iFuse beinhaltet einen Tiefsetzsteller (Buck Converter) zum direkten Anschluss an das Bordnetz und nachgeschaltete Linearregler zur internen Spannungsversorgung und zur externen Speisung des Mikrocontrollers. Die Erzeugung der Gatespannungen für die Schalttransistoren geschieht über einen internen Hochsetzsteller. Beide Schaltregler verfügen über interne FETs, so dass nur wenige externe Bauelemente nötig sind.
Mit einem externen MOSFET kann die i-Fuse verpolsicher gemacht werden. Die iFuse arbeitet ab einer Versorgungsspannung von 3,5 V - dauerhaft, auch unmittelbar nach dem Einschalten und durchläuft damit ebenso einen Start-Spannungseinbruch (Cold Cranking).
Lichtbogenerkennung
In Kombination mit einer intelligenten Last mit Busanbindung unterstützt die iFuse die Möglichkeit zur Lichtbogenerkennung. Dazu ermitteln sowohl der Mikrocontroller über die iFuse als auch die intelligente Last Versorgungsspannung und Strom und lassen diese beiden Werte über den Mikrocontroller im Steuergerät der iFuse vergleichen. Ist der von der Last ermittelte Strom kleiner als der über die iFuse gemessene, so deutet das auf einen Lichtbogen parallel zu Last hin. Ist die von der Last gemessene Versorgungsspannung kleiner als die über die iFuse ermittelte Versorgungsspannung, so könnte ein Lichtbogen in Reihe zur Last die Ursache dafür sein.
Ein weiteres Verfahren zur Lichtbogenerkennung verwendet die Spektralanalyse der Versorgungsspannung oder des Laststromes. Diese Aufgabe könnte der Mikrocontroller mit DSP-Fähigkeit im Steuergerät der iFuse übernehmen. Die iFuse bietet die dafür nötigen Messsignale, die bis hin zu hohen Frequenzen abgebildet werden. Für Lasten die über keine eigene "Intelligenz" verfügen bzw. nicht kommunikationsfähig sind, ist das in Verbindung mit der Überstromüberwachung oft völlig ausreichend.
Features
4 unabhängige Sicherungskanäle
System Basis Chip für elektronische Sicherungen für 12 V ... 48 V
Spannungsbereich bis 70 V
Sanftes Einschalten für große kapazitive Lasten
Bidirektionale Strommessung ohne externe Shuntwiderstände
Intelligente Messbereichsauswahl für höchste Messgenauigkeit bei jeder Stromhöhe
Power Supply für Mikrocontroller und Power MOSFETs
Spezifiziert für Spannungsbereich bis herunter auf 3,5 V
Watchdog zur Überwachung des Mikrocontrollers
Temperatursensorik inside
Versorgungsspannungsüberwachung
SPI Schnittstelle zum übergeordnetem Mikrocontroller
Statussignale individuell für alle 4 Kanäle
Kompaktes Gehäuse, TQFP64epad
Schutzfunktionen
Sicherungsfunktion bei Überstrom stand-alone ohne Eingriff des µC
Volle Sicherungsfunktion bis 3,5 V Versorgungsspannung
Überstromerkennung und Abschaltung in weniger als 10 µs
Verpolerkennung und Verpolschutz
Überstromerkennung und Abschaltung im aktivem und Sleep-Modus
Individuelle Übertemperaturerkennung der internen Gate-Treiber
Unterstützt Lichtbogenerkennung ohne Auswirkung auf Sicherungsfunktion
Vorteile auf einen Blick
Eine Basis für smarte Sicherungen passend für alle LV-Bordnetze
Durch hohe Integration geringer Platzbedarf
Robuste Spannungsversorgung mit Automotive Grade
Stromsparmodi für Energieeffizienz
Leicht durchführbare Systemdiagnose
Schnelle und genaue Stromerfassung ohne externe Bauelemente
Option für bidirektionales Trennen wie bei Schmelzsicherung
Komponenten finden Sie auf www.rutronik24.de.